Mehrfamilienhaus Frauenfeld / Ivanov & Partner
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Mehrfamilienhaus Frauenfeld / Ivanov & Partner

Aug 20, 2023

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Textbeschreibung der Architekten. Der Neubau an der General-Weber-Strasse in Frauenfeld ist kein gewöhnliches Mehrfamilienhaus, sondern eine Symbiose aus einem klassischen Mehrfamilienhaus mit 6 Eigentumswohnungen und einem Luxus-Penthouse, das sich über das gesamte Dachgeschoss (ca. 400 m2) erstreckt und über dem Dachgarten (ca. 150 m2). Die Eigentümer nutzen drei der 7 Einheiten für den Eigenbedarf: Penthouse/Dachgeschoss, eine 4.5-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss und eine 2.5-Zimmer-Wohnung/Büro im Erdgeschoss. Aus diesem Grund sind die drei Einheiten direkt über einen privaten Aufzugszugang erreichbar. Auf diese Weise wird ein Teil des Wohngebäudes ähnlich wie ein Einfamilienhaus von derselben Familie genutzt.

Städtebaulich ist das Gebäude sehr kompakt und zurückhaltend, öffnet sich aber gleichzeitig durch großflächige raumhohe Fenster nach außen und kommuniziert so auf urbane Weise mit der unmittelbaren städtischen Umgebung. Auf allen Seiten des Gebäudes sind Terrassen und Loggien vorgesehen, so dass architektonisch alle vier Fassaden gleich behandelt werden. Die große Dachterrasse ist nach Nordwesten ausgerichtet und bietet einen weiten Panoramablick über die Stadt. Die Hanglage und die Ausrichtung des Grundstücks garantieren langfristig eine freie Sicht. Auf der Straßenseite ist eine kleinere überdachte Loggia vorgesehen, die mit der großen Dachgeschossterrasse verbunden ist, wodurch eine Gesamtterrassenfläche von 135m2 und 270° entsteht.

Das Herzstück des Penthouses ist die Terrasse in der Mitte des Dachgeschosses. Die ca. Die ca. 40m² große Terrasse ist dreiseitig komplett verglast, die restliche Fassadenfläche ist mit großflächigen Feinsteinzeugfliesen verkleidet. Zwei Fenster durchdringen die undurchsichtige Terrassenfassade und erweitern den Blick aus den dahinter liegenden Räumen. Hinter dem Fenster in der Küche befindet sich beispielsweise ein Loungebereich mit Sitzgelegenheiten, sodass man den Blick auf die Terrasse genießen kann. Neben Belüftung und Beleuchtung erfüllt die Terrasse eine zusätzliche Funktion als Durchgang und verbindet das Dachgeschoss über eine Wendeltreppe aus Metall mit dem Dachgarten.

Ein Highlight dieses Projekts ist die hinterlüftete Metallfassade aus eloxiertem Aluminium. Das Erscheinungsbild der Fassade wird von den horizontalen Aluminiumprofilen dominiert, die mittels Clip-Mechanismus an der äußeren Metallschicht (Grundblech) befestigt wurden. Die Aluminiumprofile sind eloxiert, wodurch kein homogener Farbton entsteht, sondern ein wechselnder Farbverlauf je nach Lichtverhältnissen/Sonnenstand. Beim Eloxieren von Aluminium (auch Eloxieren genannt) wird die oberste Schicht eines Aluminiumbauteils durch anodische Oxidation in eine robuste Oxidschicht umgewandelt. Eloxierte Aluminiumbauteile sind vor Verschleiß und Korrosion geschützt, weisen ein verbessertes Gleitverhalten auf und haben eine edle Optik.

Den Abschluss des Gebäudes bildet das Penthouse, das das gesamte Dachgeschoss und den Dachgarten umfasst. Das Penthouse besteht aus ca. 230,0m2 Nettowohnfläche, ca. 170,0m2 Terrassenfläche inkl. Terrasse im Dachgeschoss und ca. 150,0m2 Dachgartenfläche inkl. Schwimmbad. Der Zugang zur Dachgeschosswohnung erfolgt bereits eine Etage tiefer, also im Obergeschoss, und die Treppe zwischen Obergeschoss und Dachgeschoss befindet sich vollständig innerhalb der Dachgeschosswohnung. Der wohnungsinterne Aufzug, der nur den Penthouse-Bewohnern zugänglich ist, steht frei im Raum und wurde mit Holz verkleidet. Optisch integriert sich der Lift als Erweiterung des Einbaumöbels. Der offene Grundriss unterteilt sich je nach Raumfunktion und Privatsphäre in verschiedene Bereiche. Die 70m2 große Wohnfläche ist auf vier Seiten von Terrassen umgeben und öffnet sich in alle Richtungen. Unabhängig vom Sonnenstand gibt es immer schattige und sonnige Terrassenbereiche.

Um noch mehr Komfort und Sicherheit zu erreichen und gleichzeitig den Energieverbrauch zu senken, entschieden sich die Gebäudeeigentümer für eine vollumfängliche Gebäudeautomation „KNX“. Dieses intelligente Bussystem der Elektroinstallation dient der Vernetzung aller Komponenten der Haus- und Gebäudesystemtechnik. Funktionen wie Beleuchtung, Beschattung, Jalousiensteuerung, Heizung und Lüftung, Multimedia und Haushaltsgeräte, aber auch die Photovoltaikanlage inklusive Batteriespeicher, ein Energiemonitoringsystem und die Ladestation für die Elektroautos sind einheitlich, intelligent und effizient vernetzt.

Bei vielen gestalterischen Entscheidungen stieß der Architekt an die absoluten Grenzen der Technik. So wurden beispielsweise für die rahmenlosen Schiebefenster größtmögliche Elemente beim Auftragnehmer swissFineLine bestellt. Die Größe der einzelnen Elemente beträgt bis zu 6,0m x 3,0m, sodass sich eine Gesamtglasfläche von max. 18m2 pro Element ergibt. Darüber hinaus sind die einzelnen Elemente motorisiert und mit der Gebäudeautomation vernetzt. Da ein Großteil der Dachgeschosswohnung komplett verglast ist, war die sommerliche Wärmedämmung entscheidend für das konforme Raumklima. Den Bauherren war es sehr wichtig, dass eine angenehme Temperatur von ca. Selbst im Hochsommer werden ohne Klimaanlage 23 °C erreicht. Um diese anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen, wurden verschiedene planerische Aspekte berücksichtigt: Architektur, Bauphysik sowie Gebäudetechnik. Die architektonische Antwort war die zurückgesetzte Verglasung des Wohnraums. Die Wohnung mit ihren 8 ganz oder teilweise zu öffnenden Fassaden (inkl. Terrasse) kann komplett belüftet werden, was auch viel zum sommerlichen Hitzeschutz beiträgt.

Ein weiteres innovatives System, das implementiert wurde, ist das sogenannte TABS. TABS sind eine energieeffiziente, innovative Systemlösung zum Heizen und Kühlen von Gebäuden aller Art. Dabei wird die Baumasse, nämlich der Beton, als Energiespeicher und Strahlungsfläche genutzt. Bei TABS-Systemen wird die Gebäudemasse als thermischer Energiespeicher genutzt und mit niedrigen Betriebstemperaturen versorgt. Dies wirkt sich positiv auf die Leistungseffizienz von Wärmepumpen aus und senkt die anfallenden Energiekosten. Für den bivalenten Betrieb (Heizen und Kühlen) wurden geothermische Energiequellen (Erdsonden) genutzt. Das System sorgt das ganze Jahr über für viel Behaglichkeit in den Räumen, da der Energieaustausch größtenteils über zwei thermisch aktivierte Flächen (Boden und Decke) erfolgt.

Ursprünglich wünschten sich die Bauherren einen Pool im Garten im Erdgeschoss, der jedoch nur privat zugänglich war. Nach einer ausführlichen Variantenstudie, bei der alle Vor- und Nachteile abgewogen wurden, fiel die Entscheidung klar darauf, den Pool als Element des Penthouses in das Dach zu integrieren. Pro-Argumente: Exklusivität, weil auf dem Dach. 360°-Panoramablick. Privatsphäre. Enorme Aufwertung/Highlight des Dachgartens. Gegenargumente: ca. das Dreifache des Budgets. Enormer Planungsaufwand. Aufgrund der sehr hohen Komplexität hat sich die Schwimmbadplanung zu einem eigenständigen Projekt entwickelt, bei dem unterschiedliche Varianten, Materialien und technische Ausführungen untersucht wurden. Die größten Herausforderungen waren neben der Tragwerksplanung die bauphysikalischen Anforderungen, die technischen Installationen, die architektonische Gestaltung der Übergänge und die Erfüllung aller Sicherheitsstandards hinsichtlich der Absturzsicherung. Der Pool (Nettobeckengröße: ca. 11,0 m Länge, ca. 3,0 m Breite, ca. 1,5 m Tiefe) befindet sich im Dachgarten zwischen Patio und Dachterrasse. Um die nötige Tiefe im Poolbereich zu erreichen, sind die beiden Räume unterhalb des Pools (Küche und 2. Gästezimmer) nur 2,40m hoch (=Standardhöhe), die restlichen Räume sind knapp 3,00m hoch. Der Zugang zum Pool erfolgt über die Terrasse, der vertikale Zugang erfolgt über eine Wendeltreppe in der Mitte der Terrasse (siehe nächstes Kapitel). Die Poolanlage ist vollständig in die Architektur integriert, wodurch die Poolnutzung von außen nicht zu erahnen ist. Dies schützt die Privatsphäre.

Die in der Mitte der Terrasse platzierte Wendeltreppe verbindet weit mehr als nur zwei Ebenen. Architektonisch war diese Treppe als großformatige Skulptur gedacht, die im Innenhof ausgestellt und von überall aus betrachtet werden konnte. Um diesen skulpturalen Charakter zu erreichen, entwarf der Architekt eine nahtlose Konstruktion „wie aus einem Guss“. In der Mitte der Treppe durfte es keine Stütze geben; Die Untersicht und die Seitenfassaden sind glatt und fugenlos, so dass die Homogenität des Volumens erhalten bleibt. Die Umsetzung des Entwurfs war technisch sehr anspruchsvoll: Das Geländer im Treppenauge wurde per Laser aus einem Rohr gefertigt, die Untersicht wurde erst anschließend montiert und verschweißt. Die Treppe wurde komplett in der Metallwerkstatt hergestellt und beschichtet. Die gesamte Treppenkonstruktion wurde auf die Baustelle geliefert, mit einem pneumatischen Kran auf die Baustelle gehoben und verankert.

Paula Pintos